Ist die Abführung von Steuern an das Finanzamt nach Eintritt der Insolvenzreife der GmbH durch den Geschäftsführer zulässig?
Kann ein Insolvenzverwalter vom Geschäftsführer der GmbH nach § 64 GmbH-Gesetz die Erstattung von Steuerzahlungen verlangen, die der Geschäftsführer der GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife an das Finanzamt geleistet hat?
Der Geschäftsführer einer GmbH darf nach Eintritt der Insolvenzreife rückständige Steuern, insbesondere Umsatzsteuer, an das Finanzamt abführen, ohne sich insoweit einer Haftung nach § 64 Abs. 2 GmbH-Gesetz auszusetzen. Der Insolvenzverwalter kann dementsprechend keine Zahlungsansprüche gegenüber dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, GmbH, geltend machen. So hat der BGH im Januar 2011 entschieden.
Der Geschäftsführer sieht sich nämlich einer Pflichtenkollision ausgesetzt. Führt er die Steuern nicht an das Finanzamt ab, begeht er eine Ordnungswidrigkeit und macht sich zudem persönlich haftbar. Andererseits darf er aber nach § 64 GmbHG (GmbH-Gesetz) keine Zahlungen mehr nach Insolvenzreife der Gesellschaft (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) leisten. Dieses Dilemma zu Lasten des Geschäftsführers löst der Bundesgerichtshof so auf, dass er sagt, die Steuerzahlungen des Geschäftsführers der GmbH bezogen auf Umsatzsteuer und Lohnsteuer auch nach Eintritt der Insolvenzreife sind mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar; damit greift die Exkulpation nach § 64 Abs. 2 GmbHG. Diese Rechtsprechung bezieht sich nicht nur auf laufende, erst nach Eintritt der Insolvenzreife fällig werdende Steuerforderungen, sondern auch auf Steuerrückstände. Ähnliches dürfte gelten für die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, soweit es sich um Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung handelt. Nur insoweit besteht im Hinblick auf § 266a Abs. 1 StGB (Strafgesetzbuch) eine ähnliche Pflichtenkollision des GmbH-Geschäftsführers.